Torsten Renz: Bildungsministerium sieht Defizite bei Grundschülern - mehr Mathe und Deutsch gibt es trotz Ankündigung bis auf Weiteres aber nicht
Bildungsministerin Oldenburg hat heute ein umfangreiches Maßnahmepaket im Bereich der frühkindlichen Bildung angekündigt. Hintergrund des Maßnahmepakets ist das Gutachten „Basale Kompetenzen vermitteln – Bildungschancen sichern. Perspektiven für die Grundschule“, das die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (SWK) heute veröffentlicht hat. Eine wachsende Zahl der Grundschülerinnen und Grundschüler erreicht demnach nicht die Mindeststandards in Deutsch und Mathematik. Hierzu erklärt der Bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Torsten Renz:
„Das Bildungsministerium scheint die vielerorts angemahnten Defizite in Bereich der frühkindlichen Bildung offensichtlich nun doch anzuerkennen. Ob das angekündigte Maßnahmepaket dafür der richtige Weg ist, ist allerdings fraglich. Der Ansatz, dass für Willkommenswochen und Lernstandserhebungen künftig die ersten beiden Monate des ersten Schuljahres fast komplett genutzt werden sollen, deutet darauf hin, dass die Ministerin davon ausgeht, dass ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler noch gar nicht beschulbar ist. Jedenfalls wird dieser Weg zulasten des Fachunterrichts gehen. Das wiederum bedeutet: Früher konnten die Erstklässler zu den Weihnachtsferien lesen, zukünftig werden sie sich und ihre Schule kennengelernt haben. Eltern, die es sich leisten können, werden ihren Kindern deswegen Privatunterricht finanzieren. So erreicht man die Entwertung des staatlichen Schulangebots und erschwert soziale Aufstiege.
Positiv ist, dass das Bildungsministerium sich jetzt überhaupt mit Lernstandserhebungen auseinandersetzen will. Solche Erhebungen sind ein wichtiges Instrument, das durch die Folgen des fehlenden Präsenzunterrichts infolge der Coronapandemie nochmals an Bedeutung gewonnen hat. Schnelles Handeln hätte schon längst erfolgen müssen, viel Zeit wurde vertrödelt. Ansonsten scheint Frau Oldenburg regeln zu wollen, was eigentlich keiner Regelung bedarf: Willkommenstage und feste Lesezeiten in der Grundschule werden vor Ort bisher auch ohne feste Zeitvorgabe erfolgreich durchgeführt. Warum es für Selbstverständlichkeiten dann noch einer Arbeitsgruppe bedarf, ist fraglich.
Der wiederholten Ankündigung der Ausweitung des Mathe- und Deutschunterrichts in der Grundschule müssen Taten folgen. Schön wäre es, wenn Frau Oldenburg von der Ankündigungs- in die Umsetzungsphase wechseln könnte – die Ausweitung zumindest des Matheunterrichts wurde von ihr bereits vor fast einem Jahr angekündigt. Bis heute fehlt es an einer genauen Festlegung, was eine Erhöhung der Stundenzahlen konkret in Zahlen bedeutet, und ob Schülerinnen und Schüler nun insgesamt mehr Unterricht in der Grundschule haben werden, oder ob die Erhöhung zu Lasten anderer Fächer gehen werde. Auch der Zeitpunkt der Einführung bleibt weiterhin offen.
Es ist schön, wenn sich Frau Oldenburg mit Gutachten beschäftigt und dortige Empfehlungen auch umsetzen will. Gerade das war ja in den letzten Jahren nicht unbedingt der Fall. Die Teilnahme an der IQB-Studie, die die Grundlage für das Gutachten der SWK bildet, hat Mecklenburg-Vorpommern sogar geschwänzt – ein Umstand, den die staunende Öffentlichkeit vom IQB erfuhr, nicht etwa von Frau Oldenburg. Mit Spannung erwarte ich Frau Oldenburgs Umsetzungsschritte. Eine Willkommenswoche allein wird wohl nicht reichen. Ein bisschen mehr Konkretes dürfen wir schon erwarten. Ich gehe davon aus, dass das Bildungsministerium dem Bildungsausschuss zügig einen genauen Zeit- und Umsetzungsplan vorlegt.“